Achter-Rennen in Großauheim: Der RVE hat eine Vereins-Toga gewonnen, ein Handtuch.
„Vielleicht sollten wir es lassen, das Rennen steht für uns echt unter einem schlechten Stern“, diese Signal-Nachricht erreicht die Achtergruppe am Freitag. Schon wieder war ein Rollsitz leer, wieder einer erkrankt, und das Rennen in Großauheim ist schon am Sonntag. Da wollten wir also schon das Handtuch werfen. Stattdessen haben wir ein Handtuch gewonnen. Ist dieses Handtuch jetzt auch noch ein bösartiger Wink, sich darauf künftig auszuruhen, anstatt auf einem harten Rollsitz den Hintern zu quälen, am Ende mit miserablem Ergebnis: Nur Fünfter von fünf.
Wir stehen niemals unter einen schlechten Stern
Nein! Wir sehen das anders. Dieses Handtuch ist die Vereins-Toga. Denn wir waren großartig. Und die Parole von Lena – Trainerin und Steuerfrau – kein schlechter Stern, niemals, da werde es immer eine Lösung geben, ist Wahrheit. Dabei waren wir immer im Zweifel, von Anfang an. Ein Achter ohne Achter im Bootshaus, und wir – die meisten von uns Breitensportler, auch noch ohne Regattaerfahrung – wie soll das gehen? Da gab es kein großes Interesse. Eine Art permanenter Fachkräftemangel stellte sich ein.
Die wertvollen Energieriegel erkranken
Trainiert wurde trotzdem, soweit es ging, mit einer halben Besetzung im Gig-Vierer, die ebenso gut das Angebot eines Hanauer Gemischtwarenhändlers hätte sein können, wobei niemand weiß, ob nicht plötzlich die wertvollen Energieriegel aus dem Warenangebot verschwinden. Die Rollsitze hätten nicht unterschiedlicher besetzt werden können, alter Rum, quirlige Zuckerstange, irgendwie alles dabei. Kurzum: Erfahrung, Kondition, Alter und Geschlecht, mit himmelweiten Unterschieden, und das in einem Achter. Oh je! Dabei waren uns zuvor auch ständig noch jene Energieriegel abhandengekommen, ausgerechnet sie erkrankten.
Die Kunst von Lena war es, sie immer wieder zu ersetzen.
Nie im Achter trainiert
So war es ein Achter, mühsam zusammengestrickt, der nie im Achter trainierte – aber! dann an dem verregneten Sonntag in Großauheim bei Hanau flunzte wie eine Nähmaschine 500 m lang, im zweiten Lauf sogar noch präziser, unter dem Anfeuerungsdruck von Lena, den die ersten vier im Boot nicht wahrnehmen konnten, weil die Megaphone der Konkurrenz alles niederschmetterten.
Keine Verneigung
Ja, wir waren großartig! – Jetzt werdet ihr fragen, warum habt ihr da nicht gewonnen? Aber wir können sagen: Wir haben doch gewonnen. Denn wir haben uns nicht vor der Dominanz von Ruderern verneigt, deren Schultern die ganze Bootsbreite ausfüllte, die dadurch imponieren wollten, dass sie sich aufblähten wie die Kühltürme des Steinkohlekraftwerks, in dessen Schatten auch die Startlinie lag.
Faire Besetzung
Genau diese Startlinie war Schicksalslinie im ersten Lauf. Zwei Boote waren ausgerichtet, wir und die Fechenheimer mit einer Besetzung, die durchaus bezwingbar war. Die Besetzung war noch einigermaßen fair angesichts fehlender Handicaps in der Rennbewertung.
Startlinien: Schicksalslinien
Zwischen den wuchtigen Regenwolken kam Sonnenlicht, wärmte uns die angespannten Rücken, die Blätter gestreckt, jeder Faser spürbar. Denen hatte Lena noch im Training das Zerreißen angedroht, wenn sie nicht mitspielen. Sie spielen mit, bei allen acht. Dann eine Starthupe. Nur! Niemand hört sie. Ein Ausrichter quakt dazwischen. Auch das Go von Lena lässt uns noch für Bruchteile von Sekunden verwirrt zurück. Und auch keiner weiß von einem Ampelstart. Endlich knacken auch bei uns die Stemmbretter. Die anderen sind schon zwei vielleicht drei Schläge voraus. Aber wir kommen schnell voran, wir acht ticken wie ein Uhrwerk mit hoher Schlagzahl, holen sogar auf, fallen wieder ab, eine halbe Bootslänge, vielleicht auch mehr, jedenfalls zu viel. Bei den letzten Schlägen siegt die Frustration, wir schleppen uns ins Ziel und werden dann auch noch böse überrascht: die Zeit wurde gemessen, die zählt.
Begegnung mit Kühltürmen
Immerhin, wir wissen jetzt, wie der Hause läuft. Aber wir ahnten schon, die nächste Begegnung wird das Aufgebot von Kühltürmen sein, die unter sich ausmachen wollen, wer von ihnen die Geldprämien abräumt. Beindruckt hat uns das nicht. Jetzt haben wir das Handtuch, unsere Toga. Der letzte Post von Lena in der Signal-Achter-Gruppe: „…nach wie vor, bärenstark“.
Die Handtuch-Toga wird es nur einmal geben
Erinnert ihr euch noch an diesen Hilferuf bei Signal: „Der Achter für die Regatta in Großauheim sucht dringend Ersatz. Bitte meldet Euch, wenn ihr Zeit für ein außergewöhnliches Rudererlebnis habt.“ Das war es tatsächlich. Und wir sagen jetzt. Wir sind der erste Breitensport-Achter in Eltville, der mit Stolz und einem Augenzwinkern die Handtuch-Toga trägt. Was sollte man mit einem Handtuch sonst auch tun?
Wollt ihr der Zweite sein, der mit der Geldprämie?
Dabei waren: Konrad Neuhaus, Ulrike Tiebel (RG-Biebrich), Anke Pflüger, Iuri Anokhin, Annette Quirin, Ponke Jessen, Günther Illert, Ute Bachmann gesteuert von Lena Hartwich.
Text & Bild: RVE